Pelle und das Warten

Pelle kommt sehr schnell auf die Bühne

Pelle: Volkhard, komm mal hier her.

MA: Ja, warte mal, ich hol noch eben meine Papiere…

Pelle: Nein, sofort!

MA: Huch, was ist denn mit dir los?

Pelle: Ich hasse dieses „Warte mal“ von euch Erwachsenen. Das sagt Mama auch dauernd!

MA: Hm, ok, wann denn?

Pelle: Also zuletzt gerade eben. Nun hab ich sie schon sooo lange schlafen lassen und dann sollte ich noch mehr warten, bis sie „ausgeschlafen“ ist… Da bin ich lieber hier her gekommen und zu dir, du hast wenigstens Zeit für mich.

MA: Ich freu mich auf jeden Fall, dich zu sehen. Das mit dem Warten ist ein spannendes Thema, wann musst du denn sonst noch warten?

Pelle: Na eigentlich immer, wenn ich was will. Wenn ich was essen will, muss ich erst warten, bis es fertig ist, wenn ich mit ihr spielen will, muss ich erst warten, bis sie die Wäsche fertig aufgehängt hat, wenn ich sofort los will zu Lillie, muss ich erst warten, bis sie Zeit hat, mich hinzubringen und so weiter…

MA: Ok, das klingt eigentlich ganz normal.

Pelle: Ja, für Erwachsene vielleicht. Aber ich will das sofort, wenn ich was will!

MA: Hm, ich verstehe. Wie ist es denn bei deiner Mutter, wenn sie will, dass ihr schnell loskommt zum Beispiel zur Schule?

Pelle: Nee, also das geht nicht schnell, da muss sie schon warten, bis ich fertig bin mit Spielen, aufs Klo gehen und Anziehen…

MA: ??? Pause

Pelle: Ach so, du meinst, das ist das Gleiche? … Na ja…

MA: Ich denke schon. Du kommst ja auch nicht sofort und lässt sie warten, weil dir andere Dinge wichtiger sind.

Pelle: Warten ist blöd. Sofort ist besser.

MA: Warten gehört aber im Leben dazu. Viele Dinge gehen halt nicht sofort.

Pelle: Ich will aber nicht warten, ich finde, dass hat sich Gott echt nicht gut ausgedacht! Ich muss immer so viel warten.

MA: Hm, wann und auf was wartest du denn noch?

Pelle: Also beim Fußball, da muss ich dauernd auf der Bank sitzen und warten, bis ich eingewechselt werde. Der Trainer weiß gar nicht, wie gut ich bin. Meistens darf ich nur ganz kurz mitspielen…

MA: Das versteh ich sehr gut. Man möchte mitspielen und darf nicht. Eine richtig gute Mannschaft hat auch gute Auswechsel-spieler auf der Bank. Es können eben nur 11 spielen. Und wo fällt dir Warten noch schwer??

Pelle: Auf Lillie warten, das ist im Moment ziemlich schwer.

MA: Warum das denn?

Pelle: Lillie ist letzten Montag mit ihrer Mutter in eine „Mutter-Kind-Kur“ gefahren. Meine Mama hat gesagt Lillies Mama müsste sich mal gründlich von Lillies wunderbaren Ideen erholen. Aber warum nimmt sie Lillie dann mit? Die hätte doch hier bleiben können und ich müsste jetzt nicht warten.

MA: Pelle, du hast es im Augenblick wirklich schwer. Gibt es denn kein Warten, das dir Freude bereitet?

Pelle: Doch, auf Ostern warten!

MA: Wirklich?

Pelle: Ja, erstens ist Lillie dann wieder da und zweitens gibt es dann richtig viele Süßigkeiten! Im Augenblick sagt Mama immer es sei „Fastenzeit“. Warum eigentlich?

MA: Weil immer sofort alles haben oder machen wollen nicht gut ist. Wenn man auf etwas verzichten und warten kann, kann man sich hinterher noch mehr freuen und es richtig genießen.

Pelle: Ihr Erwachsenen vielleicht, für uns Kinder ist das nichts. Wie lange dauert das denn noch?

MA: Insgesamt sieben Wochen.

Pelle: Echt?... Sieben Wochen???

MA: Aber Pelle, das hat auch schöne Seiten, sich auf die wirklich wichtigen Dinge zu konzentrieren…

Pelle: Genau: Auf mich zum Beispiel!

MA: Genau, wenn wir Erwachsenen mal nicht in Hektik sind und keine Zeit haben, sondern uns mehr Zeit für unsere Kinder oder Freunde nehmen.

Pelle: So wie im Urlaub? Das wäre toll.

MA: Ja, genau, ein bisschen Urlaub im Alltag.

Pelle: Na, das ist ja noch ein Grund, sich auf Ostern zu freuen, da sind Ferien! Nix sofort Hausaufgaben machen, Mathe üben und Schultasche packen. Viel Zeit zum Spielen haben, ausschlafen…

MA: Pelle, du hast es erfasst.

Pelle: MA, aber ein sofort gibt es aber doch!

MA: Ok, welches?

Pelle: Sofort nach Hause. Mama ist bestimmt schon aufgestanden. Ich muss los, damit es keinen Ärger gibt, wenn sie auf mich warten muss.

MA: Alles klar, dann bis zum nächsten Mal!

Pelle: Jaa, Tschüß!


Das Stück stammt von Barbara Himmelsbach.